Nach dem Erdbeben
Da sein in der Krise
27.04.2023
„Alles fühlt sich falsch an. Warum darf ich hier jeden Morgen in Sicherheit aufwachen? Und so viele andere Menschen nicht!“
Manchmal ist es die pure Verzweiflung, die sich Bahn bricht. Und dann ist es gut, wenn Ayla* spricht, ihre Sorgen teilt, ein tröstendes „Wir wünschen dir und deiner Familie, dass sich alles wieder zum Guten wendet“ hört.
Ob in der Gruppentherapie oder in Einzelgesprächen, Ayla tut die Behandlung im Zentrum ÜBERLEBEN gut. Hier kann sie aus ihrem depressiven Gedankenkarussell aussteigen und positive Gedanken entwickeln. Auch wenn es sich lange Zeit nicht so anfühlte, findet sie immer öfter selbst den Weg aus der inneren Ausweglosigkeit. Sie will leben und für ihre Kinder sorgen.
Was die alleinerziehende Mutter aus der Türkei belastet? Immer wieder haben sie und ihre Familie Gewalt erfahren. Sie wurden aufgrund ihres Glaubens und ihrer ethnischen Zugehörigkeit vom türkischen Militär und der dörflichen Polizei drangsaliert, verfolgt, misshandelt. Aylas Mann fiel einer dieser Auseinandersetzungen zum Opfer.
Ihre Familie drängte Ayla schließlich zur Flucht nach Deutschland. Widerstrebend willigte sie ein. Wollte sie doch ihre Eltern, den Familienbetrieb, ihre vertraute Heimat nicht zurücklassen. All das vermisst sie schmerzlich und sehnt sich oft nach der friedlichen Arbeit auf den Feldern. Wachsen und gedeihen, das wünscht sie sich auch für sich und ihre Töchter.
Zu Beginn der Behandlung war Ayla verschlossen, beteiligte sich kaum an Gesprächen, wirkte abwesend. Erst als sie für sich akzeptierte, dass es kein Zurück gibt und der Weg nach vorn führt, blühte sie auf. Nach Wochen des Schweigens lernten ihre Therapeutin und die anderen Patient:innen eine ganz neue Ayla kennen. Reflektiert weiß sie ihre Gefühle einzuordnen, teilt sich mit, hat Ideen was zu tun ist, wenn sie das traurige Gefühl ins Bodenlose ziehen will. In der Zeit, in der ihre Kinder zur Schule gehen, widmet sie sich ihren eigenen Plänen. Wie kann ich gut Deutsch lernen, wo kann ich mein berufliches Wissen vertiefen, was für eine Arbeit könnte ich finden, wenn ich mich wieder stabil genug dafür fühle?
Doch Erfolge im therapeutischen Prozess können durch äußere Krisen immer wieder beeinträchtig werden. So geschah es auch bei Ayla. Die Katastrophe des verheerenden Erdbebens in der türkisch-syrischen Grenzregion brach ungehalten auch in unseren geschützten Behandlungsraum ein. Menschen wie Ayla, die aus dem Epizentrum des Geschehens stammen, waren fassungslos und drohten ihren mühsam erarbeiteten neuen Halt im Leben zu verlieren.
In diesen Situationen ist es wichtig, den Schmerz zuzulassen, ohne darin zu versinken, Hilfe anzunehmen und gemeinsam zu schauen, wie ein Weitermachen im Angesicht des Schreckens möglich ist. Was tut mir gut, was lasse ich an mich heran, was darf ich ausblenden? Ayla konnte auf viel Erlerntes in der Therapie zurückgreifen und hat sich wieder gefangen. Vor allem, nachdem sie Kontakt zu ihren Angehörigen aufnehmen konnte. Sie versuchen langsam ihr Leben wieder aufzubauen. Genau wie Ayla.
Danke, dass Sie uns helfen für traumatisierte Menschen in ihren Krisen da zu sein.
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