Asylrechtsverschärfungen
Was bedeuten die neuen Regelungen für Geflüchtete?
06.10.2025
In diesem Jahr, so wie auch im vergangenen, wurden Asylrechtsverschärfungen eingeführt, die sich unmittelbar auf die Lebensrealität der in Deutschland lebenden geflüchteten Menschen auswirken. Darüber hinaus hat die Bundesregierung Anfang September zwei Gesetzentwürfe zur Umsetzung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) beschlossen. Doch was bedeutet das genau für die davon betroffenen Menschen? Wie wirken sich die Gesetze auf unsere Klient:innen im Zentrum ÜBERLEBEN aus? Hier möchten wir Ihnen einen Überblick geben:
GEAS-Reform:
Ab Sommer 2026 soll die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems in allen EU-Staaten verbindlich gelten. Deutschland muss diese Vorgaben dann in nationales Recht umsetzen. Ein zentraler Punkt der Reform ist die Einrichtung sogenannter „Sekundärmigrationszentren“. Diese sind für Asylsuchende vorgesehen,
- die bereits in einem anderen EU-Land Schutz erhalten haben oder
- für deren Asylverfahren Deutschland nicht zuständig ist.
In diesen Zentren ist mit Bedingungen zu rechnen, die an Gefängnis und Haft erinnern: stark begrenzte Bewegungsfreiheit, kaum Kontakt zur Außenwelt.
Unabhängige Beratung durch NGOs oder Aufklärung der dort untergebrachten Menschen über ihre Rechte ist nicht vorgesehen. Auch die psychosoziale und medizinische Versorgung ist massiv eingeschränkt – insbesondere Leistungen im Krankheitsfall können abgelehnt werden. Für viele Menschen bedeutet das den Verlust von dringend notwendiger Unterstützung und medizinischer Hilfe.
Sekundärmigration:
Von Sekundärmigration wird gesprochen, wenn eine Person, die bereits in einem anderen EU-Land Schutz erhalten hat, weiter nach Deutschland reist und hier erneut Asyl beantragt. Die entsprechenden Anträge werden als „unzulässig“ abgelehnt. Dabei gilt:
- eine Klage gegen diese Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung mehr. Das heißt, eine Abschiebung kann auch dann stattfinden, wenn der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft ist
- nur ein Eilantrag innerhalb einer Woche nach Ablehnung kann die Abschiebung vorläufig stoppen
Für viele Geflüchtete – insbesondere für traumatisierte Personen – ist es kaum möglich, diese knappe Frist für rechtliche Schritte ohne professionelle Unterstützung einzuhalten. Der psychische Druck ist entsprechend hoch und die Lösungsmöglichkeiten nur äußerst begrenzt vorhanden.
Asylbewerberleistungsgesetz:
Seit Anfang 2024 erhalten Asylsuchende in Deutschland für ganze drei Jahre nur eingeschränkte staatliche Leistungen. Zuvor galt diese Einschränkung für 18 Monate. Das bedeutet:
- die gesundheitliche Versorgung ist stark begrenzt und medizinische Hilfe gibt es nur in akuten Notfällen oder bei starken Schmerzen
- auch psychotherapeutische Behandlungen sind in der Regel nicht vorgesehen
Viele Menschen erhalten somit keine angemessene medizinische oder therapeutische Hilfe. Das kann dazu führen, dass psychische Erkrankungen oder Traumata nicht aufgearbeitet werden, sondern sich verschlimmern. Wir beobachten im Zentrum ÜBERLEBEN häufig, dass diese fehlende Versorgung langfristig hohe gesundheitliche und soziale Folgekosten nach sich zieht.
Familiennachzug:
Seit dem 24. Juli 2025 ist der Familiennachzug auch für subsidiär Schutzberechtigte für einen Zeitraum von zwei Jahren grundsätzlich ausgesetzt. Selbst Angehörige, die bereits einen Antrag gestellt oder einen Termin bei der Botschaft hatten, sind davon betroffen.
Subsidiär Schutzberechtigte sind Personen, die in ihrem Herkunftsland schwer bedroht sind, etwa durch Folter oder Todesstrafe, die aber keinen vollen Flüchtlingsstatus erhalten haben.
Für diese Menschen bedeutet der ausgesetzte Familiennachzug eine starke zusätzliche Belastung und oft auch eine Verschärfung ihrer psychischen Situation.
Staatsangehörigkeitsgesetz:
Die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes bringt einerseits eine Verbesserung, denn unter bestimmten Bedingungen kann die deutsche Staatsangehörigkeit schon nach drei Jahren beantragt werden.
Andererseits wurde jedoch der Anspruch auf Einbürgerung für Personen abgeschafft, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst sichern können. Darunter fallen zum Beispiel auch Menschen mit einer körperlichen oder psychischen Erkrankung.
Zwar entfällt für diese Personen die Pflicht, bestimmte Sprachkenntnisse nachzuweisen, dennoch müssen sie belegen, dass sie ihren Lebensunterhalt eigenständig und ohne staatliche Hilfe sichern können.
Für viele unserer Klient:innen ist das kaum möglich. Zum Beispiel betrifft das alleinerziehende Eltern mit psychischen Erkrankungen, die aufgrund ihrer Situation nicht arbeiten können. Trotz vieler Jahre in Deutschland, schulpflichtiger Kinder und guter Integration haben sie nun keinen unmittelbaren Anspruch auf die deutsche Staatsangehörigkeit, selbst wenn ihre Erkrankung ärztlich bestätigt ist.
> Eine Fallgeschichte eines von Abschiebung bedrohten Klienten
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