Das Hilfssystem stärken

Schulung für Fachleute aus der Ukraine

22.02.2024

Am 24. Februar 2024 jährt sich der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zum zweiten Mal. Wir erleben diesen Krieg vor allem durch die Worte der geflüchteten Menschen und ihren Helfer:innen mit, deren Alltag auch fernab der Heimat vom Krieg gezeichnet ist. Als der Krieg vor zwei Jahren begann, haben wir sofort mit spezialisierten Angeboten reagiert. Denn in solchen Zeiten ist unsere Expertise als Behandlungszentrum für traumatisierte geflüchtete Menschen umso mehr gefragt.

Angefangen hatte es damit, dass wir eine Beratungshotline für ukrainische Geflüchtete und Helfer:innen eingerichtet haben. Schnell stellte sich heraus: Unter den geflüchteten Menschen gibt es sehr viele psychologische und psychotherapeutische Fachkräfte, die wiederum gerne andere ukrainische Geflüchtete mit traumatischen Erfahrungen unterstützen möchten. Daraus ist ein Projekt* entstanden – eine Schulung für psychologische und psychotherapeutische Fachkräfte aus der Ukraine anzubieten.

Was ist Krankenkassenleistung und wie kann man sie in Anspruch nehmen? Wie kriegt man eine Gesundheitskarte? An wen wendet man sich am besten bei Schwierigkeiten? Solche grundlegenden Inhalte über das deutsche Gesundheits- und Sozialsystem waren Teil der Schulung, die wir 2022 und 2023 an mehreren Terminen im Zentrum ÜBERLEBEN angeboten haben. An mehreren Blockterminen haben die Teilnehmenden an den verschiedenen Fachblöcken teilgenommen. Abgerundet wurden die Veranstaltungen mit digitalen Supervisionssitzungen, bei denen die Teilnehmenden unter Anleitung eigene Fälle besprechen konnten.

„Die Teilnehmenden hatten eine ganz besondere Dynamik mit in die Schulung gebracht. Wir Leiterinnen haben selten länger als drei Minuten etwas erzählt, ohne dass daraus Interaktionen, Nachfragen und Diskussionen entstanden sind. Es gab auch viele humorvolle Fragen und Anmerkungen über interkulturelle Unterschiede. Wir haben zum Beispiel darüber gelacht, wie sehr die Behörden hier in Deutschland Papier und Bürokratie lieben. Es war insgesamt ein sehr lebendiger Austausch und die Teilnehmenden haben sich unglaublich interessiert gezeigt, alles aufzunehmen“, reflektiert Claudia Bergner, Psychotherapeutin und eine der Schulungsleiterinnen.

Zwei Sprach- und Kulturmittler:innen haben die Schulung begleitet, um sicherzustellen, dass die Teilnehmenden alle Inhalte tiefgreifend nachvollziehen können. Nachdem in den ersten Lehreinheiten viele formelle Informationen behandelt wurden, folgten danach Blöcke zu den Themen Posttraumatische Belastungsstörung, Traumafolgestörungen im Allgemeinen, Depressionen und Angstzustände. Vorhandenes Wissen und Expertise wurden dabei aufgefrischt und auf in Deutschland übliche Praktiken übertragen. Im letzten Block ging es um das Thema Selbstfürsorge. Da es sich bei den ukrainischen Fachleuten selbst um geflüchtete Menschen aus der Ukraine handelt, die teilweise noch Verwandte vor Ort haben, Ehemänner und andere Familienmitglieder an der Front, war dies ein essenzielles Thema. Wie gehe ich als Betroffene:r von Krieg mit meinen persönlichen Belastungen um, wenn ich zugleich versuche, anderen Menschen zu helfen?

„Eine der schönsten Rückmeldungen für mich war, als eine Teilnehmerin meinte, dass sie sich dank der Schulung wieder professionell gefühlt hat. Gestärkt in ihrer Funktion als psychologische Fachkraft. Für sie war diese Erfahrung eine Art Selbstermächtigung – und genau das war uns auch wichtig gewesen. Es ging nicht um einen einseitigen Wissenstransfer, sondern um den Austausch in der Gruppe. Darum, ein Netzwerk für die Teilnehmenden zu schaffen, indem sie sich mit uns, aber auch untereinander darüber austauschen können, was möglich ist, um traumatisierte Ukrainer:innen in Deutschland oder in der Ukraine zu unterstützen“, fasst Franziska Maul, ebenfalls Psychotherapeutin und Schulungsleiterin, die Erfahrung zusammen.

.


.

Was bis zum zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns geblieben ist, ist der tiefe Schmerz über das Leid der ukrainischen Bevölkerung im In- und Ausland und den Schrecken, den sie auch heute noch tagtäglich erleben müssen. Zum Jahrestag wünschen wir allen Ukrainer:innen viel Kraft und gedenken all denen, die dem grausamen Angriffskrieg zum Opfer gefallen sind.


Möchten auch Sie geflüchteten Menschen helfen?

Unterstützen Sie unsere Arbeit für Geflüchtete und Überlebende von Folter und Kriegsgewalt mit Ihrer Spende und helfen Sie so direkt den Betroffenen aus der Ukraine und über 40 weiteren Ländern, die bei uns eine sichere Anlaufstelle und dauerhafte Versorgung finden. Nur dank zahlreicher Spender:innen ist unsere Arbeit möglich, deshalb freuen wir uns, wenn Sie uns tatkräftig zur Seite stehen!

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

.

Symbolbild/Foto anonymisiert.

.