Offener Brief

Landesaufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete aus dem Libanon

31.05.2021

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Müller, sehr geehrte Senatorinnen und Senatoren,

uns ist es ein sehr wichtiges Anliegen, dass Berlin zu einem sicheren Hafen für Menschen auf der Flucht wird und die dafür auf Landesebene zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft werden. Daher begrüßen wir den Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 18. Dezember 2018 sehr, im Rahmen eines Landesaufnahmeprogramms (LAP) jährlich zumindest 100 besonders schutzbedürftige Menschen aus der Konfliktregion Syrien aufzunehmen. Umso bestürztersind wir darüber, dass bis zum heutigen Tage nicht eine einzige Person im Rahmen dieses Programmes von Berlin aufgenommen wurde.

Die humanitäre Lage in Syrien und den angrenzenden Ländern für die vor den Kämpfen geflohenen und teilweise weiter fliehenden Menschen ist extrem prekär. Dies betrifft insbesondere syrische Geflüchtete im Libanon, dem Land, das im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung die meisten syrischen Geflüchteten aufgenommen hat. Daher freuen wir uns sehr über die Entscheidung, syrische Geflüchtete aus dem Libanon aufzunehmen. 

Starke Inflation und keine Aussicht auf Besserung treffen sowohl die Libanes:innen wie auch die vielen Geflüchteten im Land mit voller Härte. Für Geflüchtete ist das Leben im Libanon ein täglicher Kampf, da viele nur über geringe oder gar keine finanziellen Mittel verfügen. Laut der UNO leben 89 Prozent unterhalb der Armutsgrenze. Viele Geflüchtete überleben nur mit kleinen Jobs im informellen Sektor. Durch die Corona-Maßnahmen haben viele von ihnen ihre Arbeit verloren.

Zusätzlich setzt den Menschen die schlechte Ernährungslage als Folge der drastisch gestiegenen Lebensmittelpreise zu, die sich im Libanon seit Oktober 2019 fast verdreifacht haben. Gleichzeitig haben sich die Einkommensmöglichkeiten aufgrund der schweren wirtschaftlichen Rezession, die das Land in den letzten zwölf Monaten erlebt hat, dramatisch verringert.Erhebungen zeigen, dass die Hälfte der befragten syrischen Geflüchtetenfamilien keinen gesicherten Zugang zu ausreichend Lebensmitteln hat.(1)

Aufgrund der Pandemie wurden alle öffentlichen Schulen im Libanon seit März 2020 geschlossen und Fernunterricht im ganzen Land eingeführt. Da die geflüchteten Familien unter den schlimmsten Bedingungen leben, in den meisten Fällen seit Jahren in Zelten, die weder vor Kälte noch vor hohen Temperaturen schützen und aufgrund fehlendem Internetzugangs können geflüchtete Kinder seitdem nicht mehr am Unterricht teilnehmen.Kinderarbeit, die Verheiratung von Kindern, die sexuelle Ausbeutung von syrischen Frauen und Zwangsarbeit werden als die größten Bedrohungen für syrische Geflüchtete im Libanon angesehen.(2)

Doch weder im Jahr 2019 noch im Jahr 2020 sind Geflüchtete aufgenommen worden. Stattdessen hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) zwei Jahre gebraucht, um dem Bundesinnenministerium überhaupt eine Landesaufnahmeanordnung vorzulegen. Diese Verzögerung ist uns nicht verständlich.

Daher fordern wir den Senat dazu auf:

  • unverzüglich die ersten 100 syrischen Geflüchteten aus dem Libanon aufzunehmen,
  •  in den Folgejahren deutlich mehr als 100 syrische Geflüchtete jährlich aus dem Libanon aufzunehmen.

Die Not der Menschen in der Konfliktregion ist immens, und wenn Berlin ein sicherer Hafen sein möchte, dann muss diese Möglichkeit der Landesaufnahme endlich genutzt werden!

Unterzeichner:innen:

1) #SyriaNotSafe Kampagne

2) Adopt a Revolution 

3) Yaar

4) Flüchtlingsrat Berlin

5) Pro Asyl

6) Seebrücke –Schafft Sichere Häfen!

7) Migrationsrat Berlin e.V.

8) Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine e.V.

9) Seebrücke Berlin

10) OMAS GEGEN RECHTSBerlin 

11) Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e.V. (KuB) 

12) BNS Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen 

13) Zentrum ÜBERLEBEN gGmbH 

14) Sea-Watch e.V. 

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