Mit Volldampf in ein besseres Leben – mit der Berufsbildungsreife
8.10.2020
In dieser Woche ist ein Projekt von der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung an der Berufsfachschule Paulo Freire im Zentrum ÜBERLEBEN gestartet. In einem einjährigen Kurs haben 21 Schüler*innen die Chance, ihre Berufsbildungsreife zu erlangen und sich im Bereich Pflege und Betreuung in theoretischen und praktischen Modulen zu qualifizieren. Danach stehen den Absolvent*innen viele Türen offen: entweder für den Arbeitsmarkt, für einen weiterführenden Schulabschluss und verschiedene Ausbildungen im Pflege- und Erziehungsbereich.
Nach den vielen Erfahrungen in der Koordination der Pflegebasiskurse wussten Projektleiter Khaled Davrisch und Sozialarbeiterin Mihriban Bayram seit langem, wie groß der Bedarf unserer Zielgruppe ist, die Berufsbildungsreife (BBR) nachholen zu können. Darum hat sich der Schulleiter Marco Hahn und das Team mit Elan bei den politischen Entscheidungsträgern engagiert, einen entsprechenden Kurs einrichten zu können. Das Projekt wird von der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung gefördert. Der Lehrplan steht schon länger, das Personal ist da, die Hygienemaßnahmen sind durch den sonstigen Schulbetrieb erprobt und kurz vor knapp fanden sich neue Räume, in denen die zusätzliche Klasse stattfinden kann. Chapeau!
Vier der neuen Schüler*innen haben Migrationshintergrund, siebzehn sind geflüchtet und alle sind heilfroh, sich neue Perspektiven aufzubauen. Denn wenn die Absolvent*innen den BBR in der Tasche haben, dann können sie bei uns in der Berufsfachschule Paulo Freire auch die Ausbildung zur Sozialassistenz durchlaufen und gleichzeitig den Mittleren Schulabschluss (MSA) erreichen. Danach stehen die Türen zum Arbeitsmarkt oder zur anerkannten Pflege- bzw. Erzieherausbildung offen. „Gerade auch für Frauen ist unser neuer Kurs eine richtig große Chance. Beispielsweise haben wir einige Frauen aus Eritrea, die wenig schulischen Hintergrund mitbringen“, sagt Mihriban Bayram, Sozialarbeiterin im Projekt. „Eine andere Frau aus dem Kosovo war total glücklich, als wir ihr den Kurs zusagten. Sie ist alleinerziehend mit ihren Kindern in Berlin und arbeitet jetzt erstmals an einer beruflichen Zukunft.“
Die Heterogenität der Schülerschaft ist sehr groß. Es gibt Menschen, die den BBR-Abschluss nicht im deutschen Schulsystem geschafft haben, die beispielsweise eine Lese- und Rechtschreibschwäche haben und die Schule ohne Abschluss verlassen mussten. „Für diese Schüler*innen haben wir hier eine individuelle Förderung und unterstützen sie ganz gezielt“, erklärt die Sozialarbeiterin. „Gleichzeitig haben wir Geflüchtete mit abgeschlossenem Studium. Ihre Dokumente sind durch Krieg und Flucht abhandengekommen oder zerstört. Sie haben das große Problem, dass ihnen hierzulande überhaupt nichts anerkannt wird.“ Den neuen Kurs besuchen aber auch geflüchtete Menschen, die nur wenige Jahre Schulbildung vorweisen können.
> Mehr Infos zum Projekt finden Sie hier.
Foto: Zentrum ÜBERLEBEN