Positionspapier

Menschenrecht Gesundheit

Kernforderungen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung Geflüchteter in der Pandemie unter Beachtung besonderer Bedarfe in der psychosozialen Betreuung

26.6.2020

Hürden bei der Sicherung des Menschenrechts auf Gesundheit

In der Corona-Krise zeigen sich verstärkt die Schwachpunkte in der Versorgung geflüchteter Menschen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Umsetzung des Menschenrechts Gesundheit ist nicht gewährleistet. Diese Einschätzung beruht auf mehren Tatsachen:

  1. Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften gefährdet Menschenleben. Asylbewerber*innen in Erstaufnahmeunterkünften und Geflüchtete in Sammelunterkünften können die für die gesamte Bevölkerung geltenden Abstandsregeln und weitere Hygienemaßnahmen nicht einhalten.
  2. Gerade therapeutische, sozialarbeiterische und integrative Angebote finden einerseits als Angebot der Zivilgesellschaft wegen fehlender Förderung für deren digitale Infrastruktur und andererseits wegen fehlenden Zugangs geflüchteter Menschen zu solchen Angeboten häufig nicht statt oder werden durch Kontaktbeschränkungen oder Quarantäne-Fälle unterbrochen.
  3. Angebote zu medizinischen, therapeutischen, sozialarbeiterischen und integrativen Angeboten stehen nur den Menschen ohne Weiteres offen, die solche Angebote durch ihre Sprachkenntnisse nutzen können. Daher ist der Einsatz von Sprach- und Kulturmittler*innen dort essentiell, wo Sprachkenntnisse nicht ausreichen. In den meisten Bundesländern gibt es jedoch keine Pflicht zur Übernahme von Übersetzungskosten in der medizinischen Grundversorgung.
  4. Der Zugang zur medizinischen Regelversorgung ist für geflüchtete Menschen schwer. Gerade im Bereich der psychosozialen Betreuung gibt es strukturelle Hürden. Patient*innen sind häufig auf Sprachmittlung angewiesen, die durch das Gesundheitssystem nicht finanziert werden. Zudem haben Betroffene eine komplexe Problemlage. Passende Angebote fehlen in der Regelversorgung.

Aus der Beschreibung der Problemlage ergibt sich die Notwendigkeit zahlreicher Änderungen im Gesundheitssystem und der Betreuung geflüchteter Menschen. Dem Willen zur Durchsetzung des Menschenrechts Gesundheit muss ein kontinuierlicher Wandel im Umgang mit geflüchteten Menschen folgen.

Forderungen:

  1. Sichere Unterbringung Geflüchteter gemäß den Erfordernissen in der Pandemie gemäß Empfehlungen RKI
  2. Förderung der Digitalisierung therapeutischer Angebote
  3. Übernahme der Kosten für Sprach- und Kulturmittler*innen für medizinische, insbesondere therapeutische Angebote durch die Kassenärztliche Vereinigung
  4. Transkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems

Exkurs: Psychosoziale Situation geflüchteter Menschen in Sammelunterkünften

In der Anfangszeit der Pandemie wurde deutlich, dass trotz einer Vielzahl an mehrsprachigem Informationsmaterial  ein großer Aufklärungsbedarf gerade in Sammelunterkünften bestand. Bewohner*innen fiel und fällt es schwer die Gefahren und Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus einzuordnen. Die Betroffenen haben vielfach mit traumatischen Erlebnissen von Sicherheits- und Kontrollverlusten zu tun, die sich verstärken, wenn Infektionsfälle und Quarantänemaßnahmen nicht angemessen kommuniziert wurden. Die Verlegung in einen Quarantäne-Unterkunft ohne ausreichende Begründung und Transparenz kann dann als Unsicherheit, als Willkür und bedrohlich erlebt werden. Das kann im schlimmsten Fall auch zu einer Reaktualisierung der psychischen Symptomatik führen beispielsweise bei Menschen, die in der Vergangenheit Entführung, Gewalt oder Haft/Freiheitsentzug durch Sicherheitskräfte oder durch Milizen erlitten haben.

Die Sorgen um Angehörige in der Heimat, in denen die medizinische Versorgung viel schlechter ist, belastet die Bewohner*innen schwer – ebenso der Mangel an Bewegungsfreiheit, an individuellem Raum und an frischer Luft. Der Stress innerhalb von Familien ist gewachsen, Rollenmuster haben sich verschoben. Aus Sorge um ihre Kinder und Angehörigen haben sich Menschen auch zusätzlich isoliert. Insbesondere der Wegfall der normalen Tagesstruktur, in Form von Sprachkursen und Schulunterricht, ist gravierend. Das hat den Stress für die Einzelnen beträchtlich erhöht und bei Geflüchteten mit Traumafolgestörungen haben sich Symptome verstärkt. Das betrifft auch Jugendliche mit PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung).

1. Sichere Unterbringung Geflüchteter gemäß den Erfordernissen in der Pandemie und Gewährung von Privatsphäre zur Fortsetzung integrativer und therapeutischer Angebote

Der Rückzug in die Privatsphäre, zur Ruhe kommen, das ist möglich in den eigenen vier Wänden, in einer Wohnung. Viele geflüchtete Menschen leben in Sammelunterkünften mit Gemeinschaftsküchen- und bädern, in Mehrbettzimmern. Diese Art der Unterbringung bringt Enge und das Fehlen von Privatsphäre mit sich.

Die Unterbringung für geflüchtete Menschen mit besonderem Schutzbedarf in Mehrbettzimmern und Gemeinschaftsunterkünften ist immer kritisch, nicht nur zu Corona-Zeiten. Die Unterbringung für beispielsweise kranke, traumatisierte, aufgrund der sexuellen Orientierung geflüchtete Menschen und für Familien mit Kindern sollte in Einzelapartments erfolgen, um deren Genesung, Schutz und Integration zu gewährleisten.

In der Pandemiesituation geht die Unterbringung in Sammelunterkünften zusätzlich mit erhöhtem Risiko und einer daraus folgenden Unsicherheit einher. Hier lassen sich weder notwendige Hygienemaßnahmen noch Abstandsregeln einhalten. Bei der Infektion von einzelnen Bewohner*innen wird eine Sammelunterkunft zur Risikofalle. Schnell breitet sich ein Infektionsherd aus. Gesundheitsämter stellen häufig ganze Einrichtungen unter Quarantäne. Kontaktpersonen werden nicht ermittelt, sondern häufig schlicht bestimmt.

Das Beispiel Berlin:

Circa 20.000 Menschen leben in Sammelunterkünften. Nur in circa einem Drittel der 83 Unterkünfte des Landesamtes für Flüchtlinge gibt es Apartments mit eigenen Bädern, in denen Isolation kein Problem ist. Starke Ängste der Bewohner*innen vor Ansteckung mit Covid19 herrschen vor und sind einer Lebenssituation geschuldet, in der Infektionsschutz nur defizitär umgesetzt werden kann und in der es keinen besonderen Schutz von Risikogruppen gibt.[1]

Dem Senat sind die Defizite bekannt. Bestehende Beschlüsse verschiedener Verwaltungsgerichte vom Frühjahr sollten direkt umgesetzt werden, die die Entlassung aus der Erstaufnahme nach § 49 Abs. 2 AsylG aufgrund der Infektionsschutzbestimmungen vorsehen.

Hintergrund:

Asylsuchende sind verpflichtet, maximal 18 Monate in einer Erstaufnahmeunterkunft zu leben. Asylbewerber*innen aus sicheren Herkunftsstaaten müssen bis zum Ende ihres Asylverfahrens in einer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben.

Die Aufnahmegesetze sind zur notwendigen Wohnsituation in Pandemie-Situationen unzulänglich. Die Formulierungen sind sehr allgemein und sprechen von einem „menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen“ (Baden-Württemberg) beziehungsweise einem „menschenwürdigen Aufenthalt ohne gesundheitliche Beeinträchtigung“ (Hessen).[2]

Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) und UNICEF erarbeiteten ein Schutzkonzept für Flüchtlingsunterkünfte[3].Daraus geht hervor, das existierende Hygienestandards umgesetzt werden müssen. Doch die durch die Pandemie notwendigen Hygienestandards gehen über das als übliches Maß bisher Akzeptierte hinaus. Die Umsetzung der Abstandsregeln ist schwierig bis unmöglich in Gemeinschaftsunterkünften mit Gemeinschaftsküchen und gemeinschaftlich zu nutzenden sanitären Einrichtungen. Das Robert-Koch-Institut hat bereits Anfang Mai den Landesaufnahmebehörden aller Bundesländer daher Empfehlungen[4] zum Umgang mit der Unterbringungssituation in Flüchtlingsunterkünften während der Pandemie erarbeitet und übergeben. Zu  Risiko-Patient*innen heißt die Empfehlung dort: «Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung werden frühzeitig identifiziert und präventiv mit ihren Familienangehörigen für die Dauer der gesamten Pandemie in einer gesonderten und geeigneten Unterkunft untergebracht, in der Kontaktreduktion und Selbstisolation möglich ist und für den täglichen Bedarf gesorgt werden kann.» Die Empfehlungen des RKI werden jedoch bisher ignoriert und so die Gefährdung der geflüchteten Menschen wissentlich in Kauf genommen.

Forderungen:

Eine sichere Unterbringung, welche den notwendigen Hygienevorgaben und Abstandsregeln in einer Pandemie gerecht wird, ist Grundlage für die Gesundheit aller Menschen. Auch wenn der Umfang der Corona-Pandemie unerwartet kam, sind Ausbrüche von Infektionskrankheiten keine Seltenheit. Menschen sollten dann notwendige Schutzstandards einhalten können. Alles andere verletzt Menschenrechte. Das Menschenrecht auf Gesundheit gilt für alle und darf nicht der Asyl-Gesetzgebung oder anderen Gesetzen untergeordnet werden. Der Gesetzgeber muss das Recht auf sicheren Wohnraum näher definieren und die Umsetzung garantieren.

2. Förderung der Digitalisierung therapeutischer Angebote

 Zu Beginn der Corona-Krise im März wurde der Rückzug ins Homeoffice in Business-Netzwerken gefeiert. In der Presse gab Tipps zum Organisieren von Arbeitsabläufen und der Online-Beschulung der Kinder. Anbieter boten umfassende, wenn auch zeitlich befristete, kostenlose Angebote zur Nutzung digitaler Tools. Was erst in den Wochen darauf offener besprochen wurde, war das Fehlen digitaler Infrastrukturen in vielen Bereichen. Darunter leiden Schüler*innen, weil Schulen und Schulbehörden Digitalisierung mit der Anschaffung von Smart Boards, interaktiven Tafeln, als abgeschlossen ansahen. Darunter leiden die Behörden, die darauf ausgerichtet sind, dass Mitarbeiter*innen vor Ort arbeiten. Und darunter leiden die Patient*innen und Klient*innen gemeinnütziger Organisationen, deren Mittelgeber Budget für die Anschaffung digitaler Infrastruktur die letzten Jahrzehnte sehr restriktiv vergeben haben.

Angebote für geflüchtete Menschen sind unter der Maßgabe von Kontaktbeschränkungen oft nur online angeraten oder sogar möglich. Schnelle Hilfe bei der Digitalisierung benötigen gemeinnützige Institutionen dort sofort, wo das Reduzieren von Angeboten die Sicherstellung notwendiger Betreuung betroffener Menschen gefährdet.

Von Seiten der Politik wurden KfW-Kreditprogramme geschaffen[5]. Der gemeinnützige Sektor hat jedoch kaum die Möglichkeit zur Abschreibung solcher Investitionen und Zinsausgaben, auch wenn diese mit 1-1,5 % gering sind. Mittelgeber*innen werden kaum künftig mehr Gelder zur Verfügung stellen, um diese Ausgaben zu finanzieren. Im Gegenteil steht eher die Befürchtung im Raum, dass Budgets sinken, selbst langfristige Projektgelder hinterfragt und gekürzt werden. Die Ausgaben für die Corona-Krise und das Konjunkturpaket, von dem die Sozialwirtschaft nicht profitiert, verlangen nach Einsparungen in anderen Bereichen, wie Projekten zur Unterstützung geflüchteter Menschen.

Gewährung von Privatsphäre zur Wahrnehmung integrativer und therapeutischer Online-Angebote in Sammel und Gemeinschaftsunterkünften:

Die Kontaktbeschränkungen zum Schutz vor Ausbreitung des Corona-Virus führte dazu, dass zum einen geflüchtete Menschen ihre medizinischen Behandlungen und auch Therapien unterbrechen mussten. Zum anderen fielen integrative Angebote aus oder wurden online angeboten. Als Problem stellte sich heraus, dass es nicht überall separate Räume in den Unterkünften gibt, um zu telefonieren und den Bewohner*innen eine nötige Privatsphäre für Therapiesitzungen und zum Wahrnehmen von Bildungsangeboten zu ermöglichen. Auch die technischen Voraussetzungen für Videosprechstunden liegen bei weitem nicht in allen Unterkünften vor, WLAN gibt es selten. Betroffenen fehlen Handys und noch viel häufiger Handyguthaben, um selbst aktiv zu werden.

Forderungen:

Für die Fortführung therapeutischer, sozialarbeiterischer und integrativer Angebote auch unter Kontaktbeschränkungen oder bei Quarantäne-Fällen ist die Zivilgesellschaft auf die Förderung von Maßnahmen zur Digitalisierung angewiesen. Der Staat ist hier gefragt, um die Fortführung von staatlichen Aufgaben durch die Zivilgesellschaft zu gewährleisten. Die Förderung ist im Rahmen von Zuschüssen notwendig, Kreditprogramme allein helfen nicht weiter.

Ein Programm, das auf den Schwerpunkt Digitalisierung setzt, würde es zahlreichen Institutionen erlauben, die für viele Menschen überlebenswichtigen Angebote durchgängig anzubieten. Es geht dabei um die Absicherung der gesundheitlichen und psychosozialen Versorgung, um soziale Stabilisierung und kulturelle Vielfalt, die Deutschland braucht.

Zudem benötigen Patient*innen und Klient*innen im Bedarfsfall unkompliziert und schnell Zugang zu digitalen Hilfsmitteln, finanziellen Ressourcen für Daten-Guthaben und bei Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften Rückzugsräume für persönliche Gespräche und Teilnahme an Bildungsangeboten.

3. Übernahme der Kosten für Sprach- und Kulturmittler*innen für medizinische, insbesondere therapeutische Angbote durch die Kassenärztliche Vereinigung

Das Erlebte in Worte fassen – das ist ein Ziel im therapeutischem Kontext, um das Geschehene verarbeiten zu können. Um Trauma und die Folgen ausdrücken zu können, brauchen Menschen ihre Muttersprache. Geflüchteten Menschen, die unter Traumafolgestörungen leiden, fällte es zudem schwer, neue Sprachen zu erlernen. Zu den Symptomen gehören Konzentrationsprobleme. Eine Behandlung ist dann nur mit Unterstützung von Sprach- und Kulturmittler*innen möglich.

Um eine adäquate Kommunikation mit Patient*innen und Klient*innen zu gewährleisten, arbeiten psychosoziale Zentren mit speziell geschulten Dolmetscher*innen. Die Dolmetscher*innen erhalten regelmäßig Fortbildungen sowie Supervision, um im beraterischen und psychotherapeutischen Setting arbeiten zu können. Sie sind durch die wortgetreue Übersetzung traumatischer Inhalte in besonderer Weise belastet.

Der Einsatz von Sprach- und Kulturmittler*innen ermöglicht es allen Menschen, unabhängig von ihren Sprachkenntnissen, medizinische, therapeutische, sozialarbeiterische und integrative Angebote zu nutzen. In den meisten Bundesländern gibt es keine Pflicht zur Übernahme von Übersetzungskosten in der medizinischen Grundversorgung. Doch auch für psychosoziale Zentren werden die Kosten nicht durch die Kassenärztliche Vereinigung anerkannt. Daraus folgt ein beständiges Ringen um Mittel, dieses Angebot aufrechterhalten zu können. Wo Gelder für Sprach- und Kulturmittler*innen fehlen, egal ob für gesonderte Angebote in psychosozialen Zentren oder in der medizinischen Regelversorgung, sind Patient*innen auf Unterstützung von Familienmitgliedern, Freund*innen oder ehrenamtlich arbeitenden Personen angewiesen. Hier fehlt dann nicht nur die notwendige Schulung, sondern es ist im professionellen Setting aufgrund von notwendigem Datenschutz, für Patient*innen zwingender Privatsphäre und einem notwendigen Vertrauensverhältnis zwischen Therapeut*in und Klient*in/Patient*in nicht zulässig.

Forderung:

Die Finanzierung der Leistungen von Sprach- und Kulturmittler*innen muss Bestandteil der medizinischen und psychotherapeutischen Regelversorgung werden. Erst die Anerkennung dieser  Leistung als erstattungsfähige Ausgabe sichert die Behandlung fremdsprachiger Menschen in Deutschland und somit deren Menschenrecht auf Gesundheit.

4. Transkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems

Der Zugang zur medizinischen und psychotherapeutischen Regelversorgung ist für geflüchtete Menschen schwer. Insbesondere Therapieplätze bei niedergelassenen Psychotherapeut*innen sind schwer zu finden. Daher braucht es derzeit spezialisierte Angebote von Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer.

Fehlende Sprachkenntnisse hemmen auf der einen Seite die kurzfristige und zahlreiche Vermittlung von Patient*innen an niedergelassene Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen etc. Auf der anderen Seite fehlt es dem medizinischen Personal an ausreichenden Kenntnissen und einer Sensibilisierung für die Bedürfnisse geflüchteter Menschen.

Geflüchtete Menschen finden daher schwer Zugang zum Gesundheitssystem. Im Bereich derpsychosozialen Versorgung existieren besonders hohe strukturelle Hürden. Es gibt kaum Angebote, die auf die komplexe Problemlage und die speziellen Zugangsbarrieren der Betroffenen eingehen. Eine flächendeckende, bundesweit einheitliche Früherkennung von psychischer Belastung und damit einer Feststellung der besonderen Schutzbedürftigkeit eflüchteter Menschen existert bisher nicht. Um Berührungsängste niedergelassener Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen gegenüber geflüchteten Menschen als Patient*innengruppe abzubauen wären diversitätssensible Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Gesundheitssystem hilfreich. Das ist jedoch immer noch eine Besonderheit und kein Standard.

Forderungen:

Langfristig ist eine interkulturelle Öffnung der Regelversorgung notwendig, um die Versorgungslage geflüchteter Menschen zu verbessern.

Mittelfristig ist eine Verzahnung der Regelversorungung und existierender Programme gemeinnütziger Anbieter sinnvoll. In psychosozialen Zentren arbeiten neben Sozialarbeiter*innen, Sprach- und Kulturmittler*innen, Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen, deren Wissen für die Öffnung des Gesundheitswesens für interkulturelle Angebote wertvoll ist.  Deren Erfahrung ließe eine Sensibilisierung des ambulanten und des (teil-)stationären Sektors für die Bedarfe von geflüchteten Menschen im Austausch zu, damit die Vermittlung von Patient*innen in die Regelversorgung schneller gelingen kann.[6]

Kontakt:

Zentrum ÜBERLEBEN gGmbH | |Turmstr. 21• 10559 Berlin

Carsten Völz | Geschäftsführer | c.voelz@ueberleben.org | 0049 (0)30 30 39 06 -12

Manja Korbella | Abteilungsleiterin Interne & Externe Kommunikation | m.korbella@ueberleben.org | 0049 (0)30 30 39 06 -98

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Quellen:

[1] Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, Aktuelle Unterbringungszahlen, https://www.berlin.de/laf/wohnen/allgemeine-informationen/aktuelle-unterbringungszahlen/artikel.630901.php, gesichtet 23.06.20; Jenni Roth: Warum es in Berliner Flüchtlingsunterkünften kaum Coronafälle gibt, Tagesspiegel, 18.05.2020, https://www.tagesspiegel.de/berlin/fuer-eine-quarantaene-denkbar-ungeeignet-warum-es-in-berliner-fluechtlingsunterkuenften-kaum-coronafaelle-gibt/25838118.html, gesichtet 23.06.2020.

[2] Mediendienst Integration, Unterbringung und Versorgung, https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/migrationflucht-asylversorgung.html, gesichtet 18.06.2020.

[3] Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) und UNICEF: Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften, https://www.bmfsfj.de/blob/116834/8115ef88038eb2b10d7f6e1d95b6d96d/mindesstandards-fluechtlinge-aktualisierte-fassung-juni-2017-data.pdf, Stand 2017, gesichtet 18.06.2020.

[4] RKI-Entwurf: Hinweise zu Prävention und Management von Covid19-Erkrankungen in Gemeinschaftsunterkünften, Stand 07.05.2020, https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/2020-05-07-rki-hinweise_covid-19_in_unterkuenften.pdf, gesichtet 18.06.2020.

[5] Pressemitteilung BMFSFJ: Corona-Konjunkturpaket enthält überlebenswichtige Kredit- und Überbrückungsprogramme für gemeinnützige Organisationen, https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/corona-konjunkturpaket-enthaelt-ueberlebenswichtige-kredit–und-ueberbrueckungsprogramme-fuer-gemeinnuetzige-organisationen/156250, gesichtet 17.06.2020.

[6] Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, Positionspapier Lots*innen, Peers und Laienhelfer*innen: (Neue) Unterstützungskonzepte in der psychosozialen Arbeit mit Geflüchteten, aktualisierte Fassung Februar 2019, S. 11.