Pressemitteilung zum Internationalen Tag der Menschenrechte
Behandlung von traumatisierten Geflüchteten nicht garantiert
Berlin, 9. Dezember 2019
Geflüchtete, die Opfer von Internierung, Gewalt, Folter und Erpressung wurden und dadurch schwer traumatisiert sind, haben massive Probleme, hierzulande angemessen behandelt zu werden. Zum Internationalen Tag der Menschenrechte kritisiert das Zentrum ÜBERLEBEN, dass das Recht dieser schwer Erkrankten auf eine adäquate Versorgung nicht umgesetzt ist.
„Viele der Menschen mit Flucht- oder Migrationserfahrungen beispielsweise auf Routen durch Libyen haben grauenhafte Erlebnisse hinter sich, die sich unserer Vorstellungskraft entziehen. Diese schwer traumatisierten Menschen werden in Deutschland nicht adäquat versorgt“, kritisiert Carsten Völz, Geschäftsführer des Zentrum ÜBERLEBEN, das Überlebende von Krieg, Gewalt und Folter behandelt. „Bei Geflüchteten mit Aufenthaltstitel werden zum Beispiel die Kosten für Dolmetscherleistungen von den Krankenkassen nicht erstattet. Diese Sprachmittlung ist aber im Kontext einer interkulturellen Traumatherapie notwendig. Wegen mangelnder Kapazitäten und komplizierter Antragsverfahren haben schwer traumatisierte Menschen kaum Zugang zu ambulanter oder stationärer Behandlung.“
In der ambulanten Abteilung für Erwachsene des Zentrum ÜBERLEBEN werden die Behandlungs- und Therapiekosten insgesamt nur zu 20 % von den Krankenkassen gedeckt. Die restlichen Kosten müssen durch Spenden und Projektfinanzierungen bezahlt werden.
„Die Menschen fliehen vor Krieg, Verfolgung oder Perspektivlosigkeit. Viele sind dadurch sowie durch die furchtbaren Erlebnisse auf der Flucht schwer traumatisiert. Sie leiden dann unter Symptomen wie Ängsten, Albträumen, Getriebenheit, Schlafstörungen, unter aggressivem oder autoaggressivem Verhalten bis hin zum Suizid. Viele bleiben auf sich alleine gestellt. Diese Situation kann einfach nicht so bleiben“, kritisiert Völz vom Zentrum ÜBERLEBEN. „Wir bauen die Angebote an kultursensiblen hochschwelligen Traumatherapien, die von professioneller Sprachmittlung und Sozialarbeit unterstützt sind, aus, denn die Nachfrage danach übersteigt bei weitem die Kapazitäten.“
Der Geschäftsführer des Zentrum ÜBERLEBEN fordert, dass das Gesundheitssystem flexibler auf die Bedarfe dieser Gruppe reagieren müsse. „Es ist notwendig, dass schwer traumatisierte Geflüchtete unkompliziert in Versorgungsstrukturen, die für sie geeignet sind, vermittelt werden können. Darum muss es eine vollständige Erstattung ihrer Behandlungskosten durch die Krankenkassen geben. Nur dann können sie ihre Rechte wahrnehmen und hierzulande professionelle Hilfe bekommen.“
Kontakt
Eva Wagner
Tel.: 030 30 39 06 -62
E-mail: e.wagner@ueberleben.org